Text der Predigt zum Ostersonntag am 4. April 2021

Predigt zu Ostern

Liebe Gemeinde,

ein winziges Virus hat die ganze Welt durcheinandergebracht. Als ich im Januar vergangenen Jahres zum ersten Mal von diesem seltsamen Infektionsgeschehen in China hörte, da war das für mich nur so eine Notiz am Rande gewesen. Doch dann trat dieses Corona-Virus seinen Eroberungsfeldzug um die ganze Welt an. Eine erste große Infektionswelle hielt uns bald in Atem. Die Bilder von Bergamo oder New York bleiben mir im Gedächtnis. Lockdown auch bei uns in der Gemeinde, kein Ostergottesdienst, die Gruppentreffen fallen aus. Abrupter Stillstand. Aber das alles geschah damals immer noch in der Hoffnung, dass wir das Ganze bis Sommer irgendwie in Griff bekommen. Die zweite Welle im Herbst lehrte uns etwas Anderes. Wieder Lockdown, wieder Stillstand, selbst an Weihnachten. Doch der neu entdeckte Impfstoff tröstete uns mit der Hoffnung, dass dann wenigstens an Ostern wieder alles einigermaßen normal sein wird. Pustekuchen. Wir befinden uns mittendrin in einer dritten Welle und sehen kein Ende. Ein winzigkleines Virus hat die ganze Welt durcheinander gebracht.

Auch wenn es sich um etwas komplett Anderes handelt, so möchte ich doch einen Vergleich ziehen in Bezug auf Ostern. Auch da ist etwas geschehen, das die Welt dramatisch verändert hat - und zwar zum Positiven hin. So wie das kleine Virus die Welt das Fürchten gelehrt hat, so löste Ostern eine Welle der Hoffnung aus, die das ganze Weltgeschehen veränderte.
Was meine ich damit?

Eigentlich müssten wir in Bezug auf das, was da an Ostern vor 1990 Jahren passiert ist, von einem absolut unbedeutenden Geschehen auf der Weltbühne reden. Ein jüdischer Wanderprediger wurde wegen Volksaufwiegelung irgendwo im Nahen Osten von den Römern hingerichtet. Das geschah unzählige Male in der damaligen Zeit. Ungewöhnlich war nur, dass die Anhänger dieses Jesus von Nazareth später behaupteten, dieser wäre von den Toten auferstanden und sie wären ihm begegnet. Okay. Es gibt immer wieder mal solche überdrehten religiösen Fanatiker, die skurrile Dinge behaupten. Aber diese Behauptungen lösen sich meistens schnell wieder in Luft auf. In Bezug auf Jesus war das allerdings komplett anders gewesen. Die Botschaft über ihn verbreitete sich innerhalb weniger Jahrzehnte über den halben Erdkreis und überall gab es bald Leute, die sich dazu bekannten, dass dieser Jesus der Herr ist - ihr persönlicher Herr und auch Herr der Welt. Ein kleines Geschehen am Rande entfaltete eine ungeahnte Wirkung. Menschen auf dem ganzen Globus wurden von diesem Glauben an Jesus Christus angesteckt und steckten selbst wieder andere an. Und so nahm der christliche Glaube seinen Lauf um die Welt.

Natürlich müssen wir an dieser Stelle fragen: Was hat diesen Glauben eigentlich so ansteckend gemacht, was verlieh ihm diese Dynamik und diese Welt-Veränderungskraft?

Religionsgeschichtlich könnte man hier viele äußere Merkmale nennen, die den christlichen Glauben von Anfang an so attraktiv machten.
Etwa soziologische Gründe, dass sich z.B. bei den Christen Sklaven und Freie, Männer und Frauen, Juden und Heiden als gleichwertige Menschen sahen.
Oder geopolitische Gründe, dass sich die christlichen Missionare die außerordentlich gute Vernetzung im römischen Reich zu Nutze machen konnten.
Oder geschichtliche Gründe, dass ein Kaiser namens Konstantin sich zum Christentum bekehrte und den christlichen Glauben zur römischen Staatsreligion erklärte.

Mag sein, das solche und viele andere äußere Gründe eine Rolle spielten bei der Ausbreitung des Christentums. Doch sehe ich einen tieferen Grund hinter allem. Ich sehe den verborgenen Motor dieser dynamischen Ausbreitung. Es ist Jesus Christus selbst: Es ist der Auferstandene, der das wahr machte, was er seinen Jüngern vor seinem Weggang von dieser Erde versprochen hatte:
"Gehet hin in alle Welt und verkündet das Evangelium allen Völkern. Und ich werde bei euch sein alle Tage bis an das Ende der Welt."
Es war und ist Jesus Christus selbst, der durch seine machtvolle, unsichtbare Gegenwart all die Herzen dieser Menschen zu sich zog, die im Laufe der Zeit zum Glauben an ihn kamen.

Nur ein Beispiel: Da war dieser Saulus, ein glühender Gegner der christlichen Bewegung. Er machte jedoch eines Tages auf dem Weg nach Damaskus so eine eindrückliche Christuserfahrung, dass sie sein ganzes Denken, seinen Glauben und sein Leben auf den Kopf stellte. Aus dem zornigen Christenverfolger wurde ein leidenschaftlicher Christusverkündiger. Ganz bestimmt war seine Christuserfahrung eine Außergewöhnliche gewesen und Ähnliches wurde in dieser Intensität nur wenigen Menschen geschenkt. Aber unzählige Andere erlebten es auch so, dass sie solch eine Erfahrung mit Jesus Christus machten, die sie tief in ihrem Herzen berührte und zu überzeugten Jesusnachfolgern machte.

Ich fragte ja: Was hat dem christlichen Glauben so eine Dynamik verliehen, dass er sich über diese ganze Erde ausbreitete? In zwei kurzen Worten kann ich eigentlich meine Antwort formulieren. Das Geheimnis lautet: Jesus lebt! Jesus lebt, und er rief als der Lebendige durch die Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch Menschen auf dem ganzen Erdball in seine Nachfolge. Jesus lebt und er ist auch noch heute gegenwärtig unter uns als der lebendige Herr. Hörst du seinen Ruf? Spürst du sein Werben?

Ostern war eigentlich vor 1990 Jahren ein kleines Nebenereignis auf der Weltbühne gewesen, aber es erfasste und veränderte die ganze Welt.

Bisher haben wir angeschaut, wie sich das sichtbar und konkret in der unaufhaltsamen Ausbreitung des christlichen Glaubens ausdrückte. Nun möchte ich einen zweiten Blick werfen auf eine andere, noch viel dramatischere Veränderung seit Ostern.

Und ich will dazu erst noch einen kleinen Rückblick auf den Osterbericht des Matthäus werfen, den wir eben in der Schriftlesung hörten. Wenn dort davon die Rede ist, dass am Ostermorgen ein großes Erdbeben geschah, als die Frauen zum Grab Jesu kamen, so ist damit mehr beschrieben als ein lokales seismologisches Ereignis. Nein, das lokale Erdbeben deutet eine globale Erschütterung an. Es weist darauf hin, welch gewaltige Veränderungen durch die Auferstehung Jesu geschehen sind und noch geschehen werden. Veränderungen in der sichtbaren Welt, die wir schon angeschaut haben, aber auch ein Umsturz, ein Erdbeben, eine Revolution in der unsichtbaren Welt.

An Ostern hat Gott den Tod entmachtet und die Tür zum ewigen Leben aufgestoßen. Das alte Grundgesetz dieser Welt, dass mit dem Tod alles aus ist, gilt seit Ostern nicht mehr. Mit Jesus hat Gott den ersten Menschen aus dem Grab geholt und zu ewigem Leben auferweckt. Und seitdem gilt, dass Christus alle die, die an ihn glauben und die so mit ihm verbunden sind, durch den Tod hindurch zum ewigen Leben führen wird.

Wir haben im Eingangswort sein Versprechen gehört: Christus spricht: Ich war tot und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle." Off 1,18
Vielleicht haben wir uns mit unseren christlichen Ohren schon an solche Worte gewöhnt und sie klingen fast gewöhnlich in unseren Ohren. Aber in Wirklichkeit beschreibt diese Verheißung einen kompletten Umsturz, ein komplettes Kippen des alten Lebensgesetzes des Todes.

Ostern war keine Reform Gottes, sondern eine Revolution.
Ostern hat das Lebensgesetz dieser Welt komplett verändert. Reformen sind gut. Aber Reformen halten am Bestehenden fest und wollen es ein wenig zum Besseren verändern. Eine Revolution hingegen schafft vollkommen neue Grundbedingungen. Die friedliche Revolution von 1989 hatte nicht zum Ziel gehabt, das System der DDR zu reformieren, sondern die Mauer musste weg und wir sollten wieder ein vereintes Deutschland werden. Und so ist es auch übertragen mit Ostern. Da hat Gott kein Reförmchen vollbracht und ein paar lebensverlängernde Maßnahmen eingeführt, so dass das menschliche Durchschnittslebensalter ein wenig angehoben wurde. Nein, an Ostern hat Gott die Tür zum ewigen Leben aufgestoßen und damit geschah eine Revolution. Gott hat die Mauer des Todes eingerissen und einen Zugang geschaffen zu seinem ewigen Reich des Friedens. An Ostern hat Gott uns eine Zukunft eröffnet jenseits unserer paar Lebensjahre. Eine herrliche Zukunft in einer geheilten neuen Welt und in einer geheilten Beziehung mit ihm. Und Jesus Christus ist die Schlüsselperson für diese Zukunft. Wer zum Glauben an ihn findet, dem hat sich die Tür in diese Zukunft schon geöffnet.

Kein Wunder, dass deshalb unzählige Menschen seit Ostern vor 1990 Jahren zu diesem Glauben gefunden haben. Gerade auch die, die keine Zukunft mehr für sich sahen, gerade auch, die keine Gerechtigkeit auf dieser Erde erlebten, gerade auch die, die zu einem Leben verdammt waren, das eigentlich diesen Namen nicht verdient hatte. Das war pures Evangelium für sie - Freudenbotschaft - Hoffnungsklang. Und sie alle sind nicht enttäuscht worden, davon bin ich überzeugt. Christus hat ihnen jenseits ihrer Erdentage das Tor in eine neue Zukunft aufgeschlossen, wo alle, die nach Frieden und Gerechtigkeit hungern in Ewigkeit satt werden.

Ostern war ein Revolution. An Ostern hat Gott dem Tod die Macht genommen und uns die Perspektive eines ewigen Lebens eröffnet durch seinen Sohn Jesus Christus. Und seit Ostern geht diese Welle der Hoffnung nun um unseren Globus und durch alle Zeiten hindurch. Und diese Welle hat auch mich erfasst und sie möchte uns alle erfassen. Doch ich will es präziser sagen: Es war und ist der Auferstandene selbst, der uns berührt und erfasst hat. Und es wird auch der Auferstandene selbst sein, der uns einmal erwarten wird, wenn wir am Ende unseres irdischen Lebens angekommen sind und vor dem dunklen Nichts des Todes stehen. Dann wird Jesus uns die Tür öffnen und uns an der Hand nehmen und ins verheißene Land des ewigen Lebens führen.

Wenn ich solche Worte sage, dann muss ich einfach noch einmal an jene Nacht vor fast zwei Jahren zurückdenken, in der Angelika neben mir lag und ihren letzten Kampf kämpfte. Um drei Uhr morgens hatte sie es geschafft. Sie atmete noch einmal ganz tief aus und ich wusste, dass sie jetzt gegangen war. Zugleich wusste ich aber auch, dass Jesus sie auf der anderen Seite der Wirklichkeit empfangen hat. Ich musste ihre Hand loslassen, aber er hat sie festgehalten und ins Land des ewigen Friedens geführt. Sie ist nun ganz bei ihm, den sie von Kindauf geliebt hat. Es ist das Beste, das wir im Leben tun können, wenn wir unser Leben und unser Sterben in die Hände unseren Herrn Jesus Christus legen. Amen

GEBET

Herr Jesus, so sagen auch wir zu dir.
Du bist keine tote Gestalt aus den Geschichtsbüchern, sondern der lebendige Herr in unserer Mitte. Wir feiern deinen Ostersieg. Wir feiern dich, der du die Schlüssel des Todes und der Hölle in Händen hast. Wir feiern die Perspektive, dass du auch uns einmal die Tür öffnen wirst in die Ewigkeit, wenn unsere letzte Stunde geschlagen hat. Wir feiern die Hoffnung, das uns nichts trennen kann von deiner Liebe und wir dir gehören für alle Zeit.

Lass diese Hoffnung lebendig werden in allen Gottesdiensten, die in diesen Tagen gefeiert werden. Lass diese Hoffnung lebendig werden bei so vielen Menschen, die ohne Hoffnung leben. Schenke unserer Welt in diesen Tagen eine neue Welle des Glaubens und der Hoffnung und der Liebe. Befähige uns als deine Nachfolgerinnen und Nachfolger ein Licht zu sein, das auf dich hinweist.

Sei bei allen, die auf der letzten Wegstrecke sind und im Sterben liegen. Lass sie nicht verzweifelt ins Dunkel des Todes starren, sondern öffne ihr Herz für den Blick auf dich und in die Ewigkeit.
Segne alle, die kranke und sterbende Menschen begleiten. Zuhause oder in den Hospizdiensten, Altenheimen oder Krankenhäusern.

Erbarme dich über uns in der Hilflosigkeit der Coronakrise. Segne alle Bemühungen im Kampf gegen das Virus. Schenke aber auch dafür eine neue Einsicht, wie wenig wir das Leben im Griff haben und wie sehr wir dich brauchen.

Du bist und bleibst der Herr: Jesus Christus, gestern, heute und in alle Ewigkeit. Wir loben und preisen dich! Amen

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