TEXT der Gottesdienstaufnahme für Sonntag, den 26. April
25.04.2020
Auf unserer Homepage www.emkneu.de kann ab Sonntagmorgen die Gottesdienstaufnahme angeschaut werden, die wir für den 26. April vorbereitet haben. Für alle, die keinen Zugang zum Internet haben, hier der gedruckte Text. Wie immer verabreden wir uns für die Zeit um 11.00 Uhr zum gemeinsamen Gebet.
Bitte achten Sie auf die wichtige Information im Text, dass Gott, der Herr über Leben und Tod, am 23. April Walter Kunstmann heimgerufen hat.
"Jesus Christus spricht: Ich bin der gute Hirte.
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir;
und ich gebe ihnen das ewige Leben."
Johannes 10, 11a. 27-28a
Herzlichen willkommen zu diesem Gottesdienst. Wir können ihn nicht als körperlich Anwesende in diesem Raum feiern. Aber Sie, die Sie zuschauen oder auch lesen, sind dennoch über Raum und Zeit hinweg durch unseren Herrn Jesus Christus miteinander verbunden, der gesagt hat: "Wo zwei oder drei im meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen."
Heute ist der Sonntag "miserikordias domini", der Sonntag der "Barmherzigkeit Gottes". Und im Zentrum dieses Gottesdienstes steht auch immer das Evangelium vom guten Hirten Jesus Christus. Mit unserem ersten Lied öffnen wir uns betend für ihn.
LIED "Du bist ein wunderbarer Hirt."
TRAUER
Ganz überraschend starb in der vergangenen Woche am frühen Morgen des 23. Aprils Walter Kunstmann im Alter von 81 Jahren.
Unsere Gedanken und Gebete sind bei all den trauernden Angehörigen. Bei den Kindern und ihren Familien. Und ganz besonders bei seiner lieben Frau Anita. Mögen sie in diesen Tagen des ersten Schocks und der Trauer die besondere Nähe des guten Hirten erfahren.
GEBET
Lebendiger Gott. Du bist der Herr über Leben und Tod. Du hast Walter Kunstmann so überraschend heimgerufen. Wir danken dir für den lebendigen Glauben, den du ihm schon früh im Leben geschenkt hast. Wir danken für alle Gnade, für alle Führungen und für allen Segen, den du in sein Leben gelegt hast. Besonders für das Geschenk seiner lieben Frau und seiner Familie. Wir danken dir für alles, was du uns durch ihn geschenkt hast. Lass ihn nun schauen, was er geglaubt hat. Tröste alle, die um ihn herzlich trauern. Er ist am Ziel - wir sind noch unterwegs. Leite uns auf unseren Wegen und mach uns bereit für den Tag, an dem du uns einmal rufen wirst. Das bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn und unseren Herrn. AMEN
LIED "Ich bin bei dir"
LESUNG Psalm 23
Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit
werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
Psalm 23,1-6
GEBET
Danke, Herr, für dein gutes Wort. Danke dass du unser guter Hirte sein willst. Danke, dass du unser Leben bis in den letzten Winkel hinein kennst. Wir brauchen dich. Deine Leitung, deinen Trost, deine Korrektur, deine Hilfe, deinen Segen. Dir nahe zu sein ist unser Glück. AMEN
PREDIGT
Liebe Leserinnen und Leser,
das Evangelium für diesen Sonntag ist der Abschnitt vom guten Hirten im Johannesevangelium, Kapitel 10. Sie können es später gerne zuhause im Zusammenhang lesen. Der Wochenspruch fasst die Kernaussage dieses Kapitels zusammen:
"Jesus Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben." Johannes 10, 11a.27-28a
Von den Politikern hörten wir in den letzten Wochen oft den Satz: "Da müssen wir auf Sicht fahren!" Ich empfand das immer als eine weise Antwort, wenn in der Corona-Krise so drängelnd gefragt wurde, wie das jetzt konkret weitergehen soll und wie lange das noch dauert. Nichts genaues weiß man da. Denn das ist ja die Crux in dieser Pandemie, dass noch niemand so etwas erlebt hat und selbst die Fachleute demütig zugeben müssen, dass sie nur tastend Ratschläge erteilen können. Auch jetzt nach den ersten Lockerungen weiß niemand wirklich, wie sich die Situation in den nächsten Monaten entwickeln wird. Die Politiker können da wirklich nur "auf Sicht" Entscheidungen treffen. Das heißt: Im Zweiwochenrhythmus beobachten, wie sich die Lockerungen auswirken und die Maßnahmen dann jeweils der Situation anpassen. "Auf Sicht fahren" bedeutet, dass wir uns dessen bewusst werden, dass wir die Zukunft nicht kennen und auf lange Sicht hin überhaupt keine Vorhersagen machen können.
Klar, das ist eine tiefe Kränkung für unser menschliches Selbstbewusstsein und diesen Machbarkeitswahn, der uns in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu eigen geworden ist. Irgendwie dachten wir, wir haben alles im Griff und das Ruder fest in der Hand. Und dann kommt dieser blöde Virus und wirft alle Planungen und Sicherheiten über den Haufen.
Ich empfinde es als sehr bedeutsam, dass wir durch diese Krise lernen, dass wir Menschen grundsätzlich immer nur "auf Sicht fahren" können. Weil wir die Zukunft nicht kennen und weil die Zeit und die Welt nicht uns gehört. Allein Gott ist der Herr über die Zeiten. Gott allein kennt die Zukunft, weil er der Ewige ist. Gott ist in jeder Zeit gewissermaßen gleichzeitig zuhause. Darum bekennt auch der Beter bildhaft in Psalm 139: "Alle meine Tage waren schon in deinem Buch vorgezeichnet, die noch werden sollten und von denen noch keiner da war."
Wir Menschen können immer nur "auf kurze Sicht fahren", doch Gott sieht mehr, Gott sieht weiter, kennt die großen Zusammenhänge. Denn er kennt die Zukunft, auch deine und meine Zukunft. Wir sind deshalb gut beraten, wenn wir uns in unserem Durchs-Leben-Tasten immer wieder betend und fragend an Gott wenden. Bei ihm nach Antworten suchen, welche Schritte wir als Nächstes gehen sollen.
Der Wochenspruch, der über diesem Sonntag steht, drückt das sehr stark und bildhaft aus: Jesus stellt sich uns darin als ein kompetenter Hirte vor und vergleicht uns Menschen mit Schafen, die damit gut beraten sind, wenn sie auf seine Stimme und Leitung achten.
Schafe sind gewissermaßen kurzsichtige Tiere. Sie würden sich in der Wildnis nicht allein zurecht finden. Sie brauchen unabdingbar diesen Hirten, der sie von Weide zu Weide führt, wo es das nächste Futter gibt. Ohne ihn würden sie die aktuelle Weide einfach abgrasen und dann nicht mehr weiter wissen. Deshalb braucht die Schafherde einen Hirten, der die großen, zukunftssichernden Entscheidungen für sie trifft.
Dass wir von Jesus mit Schafen verglichen werden, ist eigentlich kränkend. Aber angesichts der Coronaepidemie finde ich dieses Bild immer treffender. Denn wir spüren plötzlich, wie sehr uns der Durchblick verloren gegangen ist und die Fähigkeit, unsere Zukunft selbstsicher zu gestalten.
Und auch ganz persönlich geht mir das so. Ich habe es mit den Jahren aufgegeben, stolz zu meinen, dass ich mein Leben im Griff habe. So viel ist mir da schon durchkreuzt worden, was ich einmal selbstsicher plante. Wenn ich ehrlich bin, fehlt mir in so vielem der Durchblick. Mir fehlt so oft die Fähigkeit, gute Entscheidungen zu treffen, weil die Gemengelage in vielen Situationen so kompliziert ist und ich die möglichen Folgen kaum abschätzen kann. Ja, ich fühle mich tatsächlich oft wie die Politiker in unseren Tagen, die Entscheidungen treffen müssen, obwohl sie nicht sicher sind, dass es die richtigen Entscheidungen sind.
Der Gesundheitsminister sagte in dieser Woche in einem Interview etwas, das mir sehr gefiel, obwohl er dafür heftig kritisiert wurde. Er sagte demütig: "Ich glaube, wir müssen uns nach der Krise gegenseitig viel verzeihen - verzeihen, wo wir falsche Entscheidungen getroffen haben, weil wir es einfach nicht besser wussten."
Noch einmal: Je älter ich werde, desto mehr kann ich in ganz vielen Lebenslagen einfach nicht anders als die Hände zu falten und zu beten: "Jesus, ich weiß nicht, was jetzt richtig ist, leite du mich. Zeig du mir als der gute Hirte den Weg. Hilf mir zu der richtigen Entscheidung."
Und da bin ich wieder bei unserem Bibelspruch. Weil wir ziemlich gut den Schafen in ihrer Kurzsichtigkeit gleichen, ist es wichtig, dass wir uns in allen Lebenslagen am guten Hirten Jesus Christus orientieren. Weil er den Überblick über die ganze Landschaft hat, weil er mehr weiß als ich, weil er die guten Wege in die Zukunft kennt.
"Meine Schafe hören meine Stimme", sagt Jesus Christus, "und sie folgen mir."
Ich möchte gerne so ein Schaf sein, das auf seine Stimme hört und ihm folgt. Doch wie geht das konkret? Wie kann ich diese Stimme hören? Wie kann ich herauskriegen, welche Wege in seinem Sinne gut für mich sind? Wie bekomme ich seinen Weitblick?
Da gäbe es jetzt viel Theoretisches und Theologisches dazu zu sagen. Aber ich will da jetzt am Ende lieber persönlich werden und erzählen, was mir hilft, seine Stimme zu hören:
Es ist zum einen diese Stille Zeit am Tag, die ich ganz für Gott reserviert habe. Ich setze mich dabei in meinen roten Sessel und lese in der Bibel und bete. In der augenblicklichen Lebensphase kann ich mir viel Zeit nehmen fürs persönliche Bibellesen. Es gab aber auch schon Zeiten, da schlug ich nur schnell das Losungsbuch auf und las die beiden Bibelworte. Aber egal ob kurzes oder langes Lesen. Immer wieder geschieht es in dieser Stillen Zeit, dass ein Bibelwort wie zu einer konkreten Wegweisung Jesu für meine augenblickliche Situation geworden ist. Allerdings gebe ich zu, dass ich oft auch wenig bis kaum innerlich berührt war vom täglichen Bibellesen. Aber ich merke dennoch mit den Jahren, dass mich die Worte der Bibel immer mehr prägen. Sie werden wie zu einem Teil von mir. Sie verändern mich. Sie korrigieren mich. Sie richten mein Leben aus.
Und sie helfen mir immer mehr, dass ich Antworten auf diese eine Frage finde, die für mich schon seit langem zur zentralen Lebensfrage geworden ist: "What would Jesus do?" Was würde Jesus jetzt an meiner Stelle tun? Was würde Jesus an meiner Stelle denken, was würde er sagen, was würde er tun?
Das ist meistens so etwas ganz Anderes als das, was ich mir in meinen spontanen Emotionen und hektischen Gedanken manchmal zusammenreime:
Wenn ich mich z.B. einmal selbst verurteilt habe für etwas, was mir misslungen ist, dann sah ich plötzlich beim Darüber-Beten Jesu freundlichen Blick auf mir ruhen und war verblüfft über sein großes Verständnis für mein Versagen.
Oder wenn ich einem Menschen grollte, kam mir beim Beten plötzlich in den Sinn, mit welchen Augen Jesus wohl diesen Menschen anschaut und mein Herz wurde immer weicher und ich fand allmählich wieder Frieden. Oder wenn mich oft schon einmal nicht entscheiden konnte, welchen Weg ich einschlagen soll, für welche Alternative ich mich entscheiden soll, dann hörte ich doch immer wieder innerlich diese Stimme: "Geh einfach den Weg, für den dein Herz spricht. Aber egal, wie du dich entscheidest: Ich werde an deiner Seite bleiben."
What would Jesus do? Diese Frage treibt mich Tag für Tag um. Und ich möchte einfach immer mehr in Einklang mit dem kommen, was Jesus uns vorgelebt, gesagt und verheißen hat. Und das ist vor allem der Weg der Liebe und der Wahrheit. Beides in Kombination: Wahrheit und Liebe. Keines kann ohne das andere sein.
Ein Drittes, was mir hilft, Jesu Stimme zu hören. Das Erste: Tägliches Bibellesen, das Zweite die Frage: What would Jesus do? Das Dritte: Er ist gegenwärtig!
Ja, das bewegt mich seit Monaten: Ich versuche mir noch mehr bewusst zu machen, dass Jesus Christus wirklich der auferstandene Herr ist - der Lebendige, der da ist, präsent ist, gegenwärtig ist. Auch wenn ich ihn nicht sehe. Auch wenn ich ihn nicht spüre. Jesus ist da. In diesem Augenblick. An meiner Seite. Und er lächelt mir zu. Und er macht mir Mut. Und er spricht mir sein: Fürchte dich nicht! zu. Natürlich war mir schon seit Jahrzehnten klar, dass Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist gegenwärtig ist. Aber ich will mir in meiner Stillen Zeit dessen noch bewusster werden. Ich öffne mich beim Beten noch bewusster für den Schöpfer und Erhalter meines Leben, der mir heute ausgerechnet diesen Tag zum Leben schenkt und bin gespannt, was er für mich bereit hält.
Und ich öffne mich für Jesus Christus, der mein Herr und Heiland ist, der mich aber auch Freund nennt und freundschaftlich an meiner Seite ist, komme, was will.
Und ich öffne mich für das Wirken des Heiligen Geistes in mir. Ich bin sein Tempel, er will in mir wirken und mich in sein Bild von mir hinein gestalten.
"...und ich gebe ihnen das ewige Leben".
So endet schließlich die Verheißung Jesu, die über dieser Woche liegt. Für Walter Kunstmann wird dieses ewige Leben nun vollendete Realität sein. "Ewiges Leben" ist aber nicht nur ein Zukunftsbegriff, sondern vor allem ein Qualitätsbegriff. Es ist das Leben in der Gemeinschaft mit dem Ewigen, mit Jesus Christus. Und dieses ewige Leben ist deshalb nicht nur etwas Zukünftiges, sondern es beginnt schon jetzt. Es beginnt dort, wo wir Menschen in Beziehung mit Jesus Christus, dem guten Hirten, kommen. Für mich ist es einfach das Beglückendste meines Lebens, dass ich in allem Auf und Ab meiner Tage eine Konstante habe: Es ist die Liebe und Fürsorge und Gegenwart des guten Hirten.
Gerne möchte ich mit Ihnen und Euch zusammen auf seine Stimme hören und IHM folgen. Mit ihm wartet auf uns eine gute Zukunft. AMEN
GEBET
Lieber Herr,
danke dass du der gute Hirte bist, danke, dass du für uns sorgst,
danke, dass du weiter siehst, danke, dass du uns dein Wort schenkst und mit ihm Orientierung.
Wir beten in diesen Tagen für alle, die durch die Coronapandemie bedroht sind. Hier bei uns, aber wir schauen auch nach Afrika und die vielen armen Länder und Gegenden, wo die Menschen jetzt so schutzlos dem Virus ausgeliefert sind.
Wir beten für die Regierenden, dass in ihnen in diesen globalen Zusammenhängen ein neues Verständnis von Solidarität und Hilfsbereitschaft wächst.
Wir beten für alle, die helfen. In den Krankenhäusern und Altenheimen, in den Kommunen und Supermärkten, bei Polizei, Feuerwehr und Ehrenamtlichen Helfern.
Wir beten für die, die um ihr Leben kämpfen und für die Sterbenden.
Wir beten für die Entscheidungsträger in unserem Land. Gib ihnen Einsicht und Weitsicht, Demut und Mut.
Wir bitten Dich auch für Deine Kirche. Eröffne uns Wege, wie wir wieder Gottesdienst und Gemeinschaft feiern dürfen. Hab Dank für die Verbundenheit, die wir durch dich in diesen Tagen der räumlichen Trennung erfahren dürfen.
In der Stille wollen wir dir unsere ganz persönlichen Anliegen sagen...
VATERUNSER
LIED Gesangbuch Nr. 370
1. Solang mein Jesus lebt / und seine Kraft mich hebt, / muss Furcht und Sorge von mir fliehn, / mein Herz in Lieb erglühn.
2. Er ist ein guter Hirt, / der treu sein Schäflein führt; / er weidet mich auf grüner Au, / tränkt mich mit Himmelstau.
3. Wenn sich die Sonn verhüllt, / der Löwe um mich brüllt, / so weiß ich auch in finstrer Nacht, / dass Jesus mich bewacht.
4. Und glitte je mein Fuß, / brächt mir die Welt Verdruss, / so eilt ich schnell zu Jesu Herz, / der heilte meinen Schmerz.
5. Drum blick ich nur auf ihn, / o seliger Gewinn! / Mein Jesus liebt mich ganz gewiss, / das ist mein Paradies.
T: Anne Steele 1760 ("While my redeemer's near") Dt: Ernst Gebhardt 1875
SEGEN
Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu zeigen;
der Herr sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du fällst;
der Herr sei neben dir, um dich in die Arme zu schließen und zu schützen;
der Herr sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist;
der Herr sei über dir, um dich zu segnen.
So segne dich der dreieinige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. AMEN