Orgelvesper am 26.01.2014
Die Orgelvesper am 26. Januar 2014 stand ganz im Zeichen der Musik Johann Sebastian Bachs. Und das hatte seinen tieferen Grund. Zu hören war nämlich eine ausgesprochene "Bachorgel", eine Orgel, die in der Pfarrkirche von Velesovo in Slowenien steht. Sie wurde im Jahr 2007 komplett nach dem Vorbild des thüringischen Orgelbaus zu Bachs Zeiten entworfen und erbaut, so dass ein Instrument erschaffen wurde, welches insbesondere die Orgelmusik von J. S. Bach in hohem Grade authentisch erklingen lässt.
Mit Hilfe der Computertechnik können die Pfeifenklänge dieser Orgel einschließlich des Nachhalls in unserem Gottesdienstraum hörbar gemacht werden. Bei geschlossenen Augen kann sich der Zuhörer der Vorstellung hingeben, er säße in der Pfarrkirche und lausche dort dem Orgelspiel. Um so etwas zu ermöglichen, werden in zunehmendem Maße interessante Orgeln in ganz Europa "gesampled", d. h. man zeichnet mit Mikrofonen alle Einzeltöne eines jeden Registers auf. Der Computer kann dann sozusagen auf Tastendruck die Einzeltöne wieder zu einem Gesamtklang zusammen setzen und über die Lautsprecher wiedergeben.
Den Einstieg in die barocken Klänge bildeten sechs Choralbearbeitungen des Chorals "Wer nur den lieben Gott lässt walten" von Georg Böhm. Der Lüneburger Kantor und Komponist unterrichtete den jugendlichen Johann Sebastian drei Jahre lang in Orgelspiel und Kompositionslehre. Der Textdichter Georg Neumark bezeugt in seinem Lied inmitten der Schrecken des Dreißigjährigen Krieges, dass die Ausrichtung auf Gott dazu führen kann, dass man sich in aller Not und Traurigkeit "wunderbar erhalten" fühlt. Das Vertrauen ist für ihn der Schlüssel dazu: "Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut, der hat auf keinen Sand gebaut" bzw. "... und trau des Himmels reichem Segen, so wird er bei dir werden neu."
Nach mehreren kleineren Präludien und Fugen aus J. S. Bachs Schaffenswerk zeigte die meditativ gehaltene Choralbearbeitung des Chorals "Vater unser im Himmelreich" von Georg Böhm die Schönheit des Soloregisters "Viol di gamba" auf. Hermann Baum erläuterte mit Hilfe einiger mitgebrachter Orgelpfeifen die Eigenheiten und das Zusammenwirken von Metall- und Holzpfeifen. Begriffe wie "Acht-Fuß, Vier-Fuß, Mensur, Temperierung" wurden auf einfache Weise verständlich gemacht. Anschließend konnte an Hand mehrerer ausgewählter Bachchoräle exemplarisch erahnt werden, welche Klangvielfalt eine solche Orgel mit ihren Einzelregistern und Registerkombinationen zu bieten hat.
Als "großes" Orgelwerk von Bach erklang die d-moll-Toccata, BWV 565. Obwohl die Orgel nur zwei Manuale bzw. Werke besitzt (Hauptwerk und Oberwerk), gehört sie mit ihren 2374 Pfeifen doch eher zu den größeren Barockorgeln und ließ bei der klanglichen Gestaltung dieser Komposition keine Wünsche offen.
Disposition der Orgel
Der abschließende Choral "Verleih uns Frieden gnädiglich" von J. S. Bach knüpfte thematisch an den Eingangschoral an. Der Frieden, der "höher ist als alle Vernunft", den wir also rational nicht mehr erfassen können, das ist der Friede, den auch Georg Neumark anklingen lässt, wenn er sich "wunderbar erhalten" fühlt.
J. S. Bach: Toccata d-moll, BWV 565
Hermann Baum, Orgel
(live aus der Orgelvesper am 26.01.2014)